Nach Studium der Psychologie in Münster (1966-1971; Promotion 1975 in Bochum) lagen Prof. Dr. Alexa Frankes akademische Stationen an den Klinisch-Psychologischen Instituten der Universitäten Münster, Zürich, Bochum, Bielefeld.

Von 1987-1991 war sie Leitende Psychologin an einer verhaltensmedizinisch orientierten Psychosomatischen Klinik. Seit 1991 hat sie einen Lehrstuhl für Rehabilitationspsychologie an der Fakultät für Rehabilitationswissenschaften der Universität Dortmund inne.

Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in folgenden Bereichen: Gesundheitsforschung, Suchtforschung, Psychotherapie bei Patientinnen und Patienten mit psychosomatischen Störungen, Essstörungen, wobei sie der spezifischen Situation von Frauen gesonderte Aufmerksamkeit zukommen lässt.

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Auszug aus dem Interview mit Prof. Dr. Alexa Franke:

A. Franke: Ich bin immer mit Leib und Seele, vor allen Dingen mit Seele, Gesprächstherapeutin gewesen. Zur Verhaltenstherapie hat sich meine Beziehung verändert durch eine Person, das war Margret Reiss. Die Margret saß ja auch mit auf dem Flur, die war nur älter als die anderen ... Ich müsste mal nachgucken, wie alt sie war, wahrscheinlich war sie Mitte, Ende 40. Aber das war eine ganz lebenskluge Frau, und sie war so ein Vollblut-Mensch, die brachte einfach Fleisch an dieses Gerippe. Wir, also diese Gruppe um sie herum, haben viel Spaß gehabt, das hat enorm viel Freude gemacht. Wir haben einfach alle gemeinsam gelernt. Ich weiß noch, da waren irgendwelche Fortbildungen bei Marks gewesen, und sie hatte irgendetwas gefragt, und er hat gesagt: "If you're asking like that, you'll be very unhappy." Und das hat sie dann auch bei uns gesagt, wenn wir irgendwelche Fragen hatten: "You'll be very unhappy." (Beide lachen).

So haben wir immer versucht Verhaltenstherapie zu verstehen. Zum Beispiel habe ich diese so genannte kognitive Wende immer als Witz empfunden, ich habe gedacht, da ist doch vorher kein Mensch davon ausgegangen, dass Kognitionen oder Emotionen keine Rolle spielen. Ich habe das einfach niemals so streng gesehen ...

Jetzt mache ich mal einen Schwenk hin zu GVT-DBV-DGVT. Sie haben wahrscheinlich die GVT als erstes kennen gelernt? Wie haben Sie die kennen gelernt?

A. Franke: Da habe ich wirklich keine Ahnung, das weiß ich nicht. Ich kann nur sagen, ich war irgendwie immer dabei. Wissen Sie, wir sind damals alle noch zusammen in klapprigen VWs nach München gefahren ...

Zu den Kongressen?

A. Franke: ... und haben alle zusammen irgendwo übernachtet. An meine ersten Kongresse, erinnere ich mich, da habe ich nachts irgendwo auf irgendwelchen Schlafmatratzen in Schlafsäcken geschlafen. Das war alles irgendwie eine Clique, jeder kannte jeden. Für mich war das natürlich auch toll, so eine soziale Gruppe so kennen zu lernen. Das war eine allgemeine Aufbruchstimmung, "Wir machen etwas Neues". Das hat einfach total Spaß gemacht. Aber wann ich das erste Mal dabei war oder wann ich Mitglied geworden bin, das müsste man ja an der Mitgliedsnummer feststellen können. Bestimmt ganz am Anfang.

... Sind Sie dann Mitglied in der GVT geworden?

A. Franke: Ja. ...

Können Sie sich für die Zeit, in der Sie im Vorstand waren, noch erinnern, was für Sie wichtige inhaltliche Themen in der Funktion und für den Verband waren?

A. Franke: Es war eine Zeit, die in meiner Erinnerung ganz stark von einem Neuaufbruch im Bereich der Psychiatrie und der Psychotherapie und der Gesundheitsversorgung gekennzeichnet war. In meinem Kopf geht da alles mögliche kreuz und quer durcheinander. Ich war damals sicherlich auch parallel sehr in der Gesundheitsbewegung, Gesundheitsladenbewegung engagiert. Das kam alles irgendwie parallel. Wir hatten tatsächlich die Idee, wir könnten das Gesundheitswesen neu organisieren und zwar in Richtung auf ein staatlich organisiertes Gesundheitssystem, was wir absolut präferiert haben. Wir haben gesagt: "Gesundheitliche und psychotherapeutische Versorgung sind gesamtgesellschaftliche Aufgaben. Der Staat hat dafür zu sorgen, dass das gewährleistet ist." Wir waren alle im weitesten Sinne - ich sage jetzt mal - sozialistisch in so einem Sinne, dass wir alles verhindern wollten, was ein Klassengesundheitswesen schuf. Wir waren gemeindepsychologisch und gemeindepsychiatrisch orientiert.

Das war wirklich eine Zeit von einer unglaublich guten Integration wissenschaftlicher und politischer Arbeit. Wir hatten wirklich gesellschaftliche Visionen, wir hatten gesellschaftliche Visionen eines veränderten Gesundheitssystems. Und die haben wir versucht umzusetzen, wir haben auch versucht, das wissenschaftlich zu fundieren. Ich erinnere mich zum Beispiel an diese wahnsinnig spannenden Gewerkschaftstreffen, die wir hatten. Die DGVT hat ja damals zum Beispiel das gesundheitspolitische Programm für die ÖTV geschrieben. Bernd Röhrle hat sehr viel daran formuliert. Die Präventionskonzepte waren auch von Bernd Röhrle, unter anderem. Das waren alles Sachen, bei denen wir auch so etwas wie Ghostwriter innerhalb der DGVT waren, auch für andere. Das steht für mich für diese Zeit ganz im Vordergrund. Dabei ging es auch immer um eine Weiterentwicklung der Verhaltenstherapie, und es ging natürlich immer darum, - ich sage mal so - die Mitglieder, die nicht so bei der Speerspitze der Revolution dabei waren, auch noch mitzuziehen.

Wir waren natürlich im Vorstand alles Uni-Leute, und uns wurde von den Mitgliedern manchmal entgegengehalten: "Ja, ihr habt gut reden, aber wir müssen ja sehen, und wie soll ich ...�" Das weiß ich noch. Das waren Diskussionen, die mich persönlich sehr belastet haben. Ich habe das damals abgelehnt, dass jemand sagte: "Ja, aber wo soll ich eine Stelle finden, ich muss mich doch privat niederlassen". Ich habe das wirklich abgelehnt.

... dass jemand sich privat niederlässt?

A. Franke: Ja, das empfand ich wirklich als Verrat, und ich finde das nach wie vor so. Ich meine, die Entwicklung ist jetzt so gelaufen. Aber sie ist auch sehr unterstützt worden, leider auch von der DGVT. Das ist etwas, was ich sehr bedauere. Aber ich finde nach wie vor, dass das eine ganz schlechte Entwicklung ist, dass unsere damaligen Konzepte besser waren und dass vieles von dem eingetreten ist, was wir damals befürchtet haben. Da fühle ich mich manchmal wie eine Kassandra, aber ich finde wirklich, dass das so ist, und bedauere das sehr. Ich frage mich dann manchmal, "Mensch, hängst du da irgendwelchen Jugendzeiten nach oder so?" Aber ich bin fest davon überzeugt, dass das gute Konzepte waren, gute Modelle, die wir hatten, und dass die humaner waren, dass die besser gewesen wären für die gesundheitliche Versorgung und meiner Meinung nach auch besser für die Psychologie. Ich befürchte sehr, dass diese Psychotherapeuten-Gesetzgebung, die wir jetzt haben, dazu führt, dass die Psychotherapie nicht weiterentwickelt wird, weil sie einfach von ihren psychologischen Wurzeln losgekoppelt wird. Das ist verheerend, damit wird sie eine Praxeologie und damit wird sie schlecht.