Heiner Vogel ist Diplompsychologe, Psychologischer Psychotherapeut und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut. Er hat in Düsseldorf und Trier Psychologie, Pädagogik und Philosophie studiert und 1983 das Studium in Trier abgeschlossen. 2001 promovierte er sich (Bremen).

Er war in folgenden Arbeitsfeldern tätig: ambulante Psychiatrie (Trier, 1983-85), als Rehabilitationspsychologe in Bad Bertrich, Bad Pyrmont, Bad Meinberg (1985-89), als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Kommission für die Weiterentwicklung der Medizinischen Rehabilitation der Rentenversicherung (Reha-Kommission) beim Verband Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) und der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA, 1989-93).

Seit 1993 ist er als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Psychotherapie und Medizinische Psychologie der Universität Würzburg mit den Aufgaben Lehre, Forschung und klinische Versorgung (Poliklinische Ambulanz und Konsiliartätigkeit) beschäftigt und hat zahlreiche Beiträge zu Themen der Rehabilitations- und Klinischen Psychologie veröffentlicht.

Weitere Informationen unter der verlinkten Homepage.


Auszug aus dem Interview mit Dr. Heiner Vogel:

Was fanden Sie interessant an der Verhaltenstherapie?

H. Vogel: Ich war sehr früh auf ein Arbeiten bzw. eine berufliche Tätigkeit ausgerichtet, die sehr wissenschaftlich orientiert ist - wissenschaftlich im Sinne von empirisch begründet. Und ich konnte eigentlich nicht gut mit ideologischen Therapieansätzen umgehen, die sich einer empirischen Überprüfung entziehen. An der Verhaltenstherapie war dieses durchstrukturierte Vorgehen, diese empirische Fundierung anhand von Paradigmen der Lerntheorie für mich sehr überzeugend. Auch die Annahme, dass man prinzipiell auch fehlerhaft ist, und dass man mit dem Patienten gemeinsam Lösungen sucht, das fand ich sehr human und überzeugend. Insofern ist das für mich eine fachliche Orientierung gewesen, die mich sehr angesprochen hat. Und der bin ich im Grunde bis heute treu geblieben ...

Was macht die DGVT Ihrer Meinung nach attraktiv? Wieso haben Sie sich nicht in einem anderen Verband engagiert?

H. Vogel: Ich überlege gerade, ob ich mich in anderen Vereinen engagiert habe oder engagiere. Aber eigentlich tue ich das in keinem so recht. Es war schon eine bewusste Wahl, keine zufällige Wahl. Ich kenne manche Vereine, so kann man vielleicht sagen ... Ich schätze eigentlich an der DGVT, dass bei ihr die „Funktionäre“ im Vergleich zu anderen Vereinen immer einen sehr fairen und offenen Umgang miteinander haben. Es mag sein, dass man das aus der Innenperspektive etwas anders wahrnimmt, aber ich sehe bei anderen Vereinen häufig, dass es da sehr viel um Machtspiele geht, und darum, dass man die Person in den Vordergrund stellt. Das ist jetzt kein inhaltliches Argument, aber es ist für mich wichtig und wichtig gewesen. Auf der inhaltlichen Ebene würde ich sagen, die DGVT ist ein Fachverband, der Verhaltenstherapie als moderne Form der Psychotherapie vertritt. Grawe würde Psychologische Therapie sagen.

Aber die DGVT ist auch der Versuch, diese Psychotherapieform in der Nähe der Wissenschaft zu behalten und auch dafür einzustehen, obwohl der Trend heute zur Privatisierung geht. Dadurch dass Psychotherapieausbildung etc. privatisiert wird, denke ich, gibt es ein Stück weit auch eine Gefahr, dass sich Verselbstständigungen bilden, die dann von der Wissenschaft im Grunde nur noch schwer eingeholt werden können.

Die DGVT hat immer versucht, sehr stark den Diskurs mit der Wissenschaft zu führen. Das ist das eine fachlich-inhaltliche Argument, das mich für diesen Verein einnimmt. Das heute wieder verstärkt betonte "Wissenschaftler-Praktiker-Modell" war für die DGVT immer schon eine wichtige Leitidee für die angewandte Verhaltenstherapie. Das andere inhaltliche Argument, das es jedoch gerade in der heutigen Zeit besonders schwer hat, ist der Versuch, Psychotherapie und psychosoziale Versorgung basisorientiert oder gemeindeorientiert zu gestalten und präventiv auszurichten ...

Welche Rolle hat die DGVT gespielt für die Verhaltenstherapie, für deren Professionalisierung?

H. Vogel: Vielleicht eine dialektische, im Sinne des klassischen Hegelschen Geschichtsmodells. "Wir" waren ja über viele Jahre eher dagegen, dass die Verhaltenstherapie sich in der ambulanten Niederlassung etabliert, und haben diese Entwicklung dadurch vielleicht gerade gefördert. Dadurch dass wir so gute Argumente hatten, haben wir die VT stark gemacht. DGVT-Vertreter sind ja bei den ersten Gesprächen zur Anerkennung der Verhaltenstherapie als Richtlinien-Verfahren dabei gewesen ... sie haben dann aber empfohlen, dass der Verein die vorgesehene Einbeziehung ablehnt. Und dann haben aber Leute aus dem Verein diese Funktion als Gesprächspartner der Krankenkassen wahrgenommen und sind da akzeptiert worden. Diese Kolleg/inn/en waren natürlich auch gute Verhaltenstherapeuten und sie konnten überzeugend darauf verweisen, dass man mit übersichtlichen Therapieformen gute Leistungen erzielen kann.

Im Grunde würde ich sagen, die Etablierung im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung haben andere Leute gemacht, die Leute, die aus dem Verband rausgegangen waren, weil der Verband diese Linie ja nicht wollte.

Die DGVT hat in den ersten 10 bis 15 Jahren eine ganze Generation von Psychotherapeuten, von Wissenschaftlern, von Psychologen fit gemacht in der Fähigkeit, Evidenzbasierung aufzuzeigen, in dem Bemühen, sich an Zielen zu orientieren in der Psychotherapie, diese Ziele transparent und erreichbar zu machen. Und das überzeugte dann auch Vertreter von Kassen oder Institutionen, die bereit waren, Kliniken zu gründen oder Psychotherapie im ambulanten Bereich anzuerkennen, obwohl die Psychoanalyse da eine sehr starke Position hatte ...

Im Grunde sind ja fast Alle, die heute irgendwo im Bereich der Verhaltenstherapie in Deutschland relevant sind oder heute in der Klinischen Psychologie oder Psychotherapie eine Bedeutung haben, irgendwann mal dabei gewesen ...

Es gibt auch viele Projekte in der Psychotherapie-Versorgung Deutschlands, die ursprünglich in den damaligen DGVT-Arbeitskreisen entwickelt und begleitet wurden. Das klassische Ausbildungsmodell sah vor, dass die Leute neben Fallberichten auch Projekte zur Anerkennung einreichen konnten ... Das war früher was ganz Tolles. Es gibt in der Literatur eine ganze Reihe von innovativen Modellen, psychosoziale Einrichtungen oder Behandlungsprogramme/-manuale, die angefangen haben, als DGVT-Arbeitskreis zu diskutieren ... und die später in der Region fest etabliert waren. Also da sind eine Menge Teilentwicklungen in Regionen gewesen, die ganz faszinierend waren. Die hatten dann irgendwann mit der DGVT nichts mehr zu tun, aber da kamen Impulse her ...

Und die DGVT hat ja mit ihrer Zeitschrift, die übrigens älter ist als die Zeitschrift für Klinische, einen sehr wichtigen Informationsaustausch ermöglicht in dieser Szene. Sogar bis in die DDR hinüber.